Mobbing an japanischen Schulen

Nachdem ich das Dorama Life komplett innerhalb von drei Tagen beendet habe, dessen Handlung sich um Mobbing an japanischen Schulen dreht, hat mich dieses Thema sehr betroffen gemacht und gepackt. Daher habe ich mich die letzten Tage sehr viel mit diesem Thema beschäftigt und viel recherchiert und gelesen. Herausgekommen ist folgender Bericht, in dem ich einmal alles über das Mobbing an japanischen Schulen und die schrecklichen Hintergründe zusammengetragen habe.

"Ich nehme mir das Leben. Tschüss."

Mobbing an japanischen Schulen und seine Ursachen und Folgen

Mobbing tritt weltweit auf und ist in nahezu jedem Industrieland in Schulen präsent. Das Drangsalieren von Mitschülern auf den Schulfluren oder zwischen den Stunden im Klassenraum tritt statistisch gesehen in jeder Klasse auf und jeder siebte ist davon betroffen. Doch in Japan wird Mobbing immer mehr zu einem ernst zu werdenden Problem: Ijime, wie es auf Japanisch heißt, nimmt immer grausamere Formen an und resultiert nicht selten im Selbstmord der Opfer.

Ijime kommt von dem Verb ijimeru, was quälen bedeutet. Man bezeichnet damit das Mobbing in Japan. Die ersten Fälle von Ijime wurden in den 80ern öffentlich, in denen eine neue Welle von Gewalt an japanischen Schulen einzog. Bestimmt gab es Ijime auch schon früher, jedoch bekam es in den 80er Jahren zum ersten Mal ein Gesicht und einen Namen, nachdem die Eltern eines Mobbingopfers an die Öffentlichkeit gingen: Hirofumi Shikagawa hatte sich erhängt, nachdem er einen Abschiedsbrief hinterließ mit den Worten: „Ich will noch nicht sterben, aber so ist mein Leben die Hölle. Ich werde mich umbringen, aber ich möchte nicht dass jemand anderes an meiner Stelle zum Opfer wird oder all das wäre umsonst. Bitte hört damit auf. Das ist mein letzter Wunsch, ich nehme mir nun das Leben. Tschüss.“

Ursachen

Ursache ist laut den meisten Wissenschaftlern die strenge Art im japanischen Erziehungs- und Bildungssystem. Die Schüler stehen extrem unter Leistungsdruck, von den Lehrern sowie ihren Eltern. Man legt Wert auf Anpassung, Unauffälligkeit und Eingliederung in die Gruppe. Dieser Stress wird meistens an den Schwächeren ausgelassen. Ijime ist also das dunkle Ergebnis der modernen japanischen Gesellschaft. Ein weiterer Grund sind Probleme im eigenen Umfeld des Täters, wie im Freundeskreis oder in der Familie. 
Das Mobbing tritt am häufigsten in der Mittelschule (über 32% aller Mobbingfälle) auf, danach erst folgen Ober- und Grundschule.

Außerdem hat Mobbing an japanischen Schulen meistens drei Punkte gemeinsam:

- Als Opfer sind prozentual mehr Jungen als Mädchen betroffen

- Das Mobbing tritt besonders stark während oder vor wichtigen Prüfungen auf. Auch nach der Bekanntgabe der Punkte steigt die Häufigkeit der Mobbingattacken. Dies könnte darauf hindeuten, dass Frust oder Stress der Grund für das Mobbing ist und der oder die Täter diesen am Opfer auslassen

- Von Mobbing sind vor allem neue Schüler betroffen, die gerade auf die Schule gewechselt haben und noch keine Freunde dort haben. Die neuen Schüler fallen sofort in die Opferrolle, weil sie noch nicht in die Klassengemeinschaft integriert sind

Die Arten
Das Aussehen ist Vielfältig: Das Mobbing kann von bloßen Worten bis hin zu gewalttätigen und aggressiven Angriffen reichen, in denen die Opfer verprügelt oder anderweitig körperlich drangsaliert werden. Meistens handelt es sich dabei nicht nur um einen, sondern eine Gruppe von mehreren Tätern. Oft werden auch Schulbüchern und Tische beschmiert, Schulhefte in den Müll oder die Toilette geworfen. Außerdem wird das Opfer oft erpresst und gibt den Tätern aus Angst vor neuen Übergriffen ein wöchentliches „Schutzgeld“. Die Täter genießen die Macht, die sie über ihr Opfer haben. Die Arten des Mobbings ändern sich von der Grund- zur Oberschule: In der Grundschule ist es noch eher das verbale Drangsalieren, in Oberschulen richten die Täter vor allem physische Gewalt gegen ihr Opfer. In den letzten Jahren werden auch vermehrt Handys eingesetzt und das Opfer im Internet bloßgestellt.

Die Folgen

Das Mobbingopfer fühlt sich meistens alleine und im Stich gelassen und spricht mit keinem darüber, weder mit Freunden, Polizei, Familie noch mit Lehrern. Es steht tagtäglich unter enormen psychischen Druck, dem die Schüler nicht standhalten können. Oftmals endet das Mobbing, weil das Opfer nicht mehr weiterweiß, in Selbstmord. In gefundenen Abschiedsbriefen steht dann oft so etwas wie „Ich wurde gemobbt und kann so nicht mehr weiterleben.“ Oft springen die Schüler vom Dach der Schule, springen vor einen Zug, erhängen sich oder nehmen eine Überdosis Medikamente.

Lösungsansätze

Viele japanische Schulen bestreiten, dass es Mobbing in ihrer Schule gibt. Dies würde der Schule einen schlechten Ruf bescheren und deren Ansehen sinken lassen und das ist in Japan mitunter das Schlimmste. Viele Lehrer und Schulleiter sehen weg.
 Doch aufgrund der steigenden Selbstmordrate von japanischen Schülern seit den 90er Jahren, die meistens die Antwort auf Mobbing sind, kann die Regierung die Augen nicht länger verschließen. Mobbing ist zu einem ernsthaften Problem in Japans Alltag geworden, dass sich immer mehr häuft. Mit verschiedenen Mitteln wird versucht, dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Zum Beispiel sollen sich Betroffene an Telefonhotlines wenden können. Auch werden vermehrt Polizisten um Schulen auf Streife geschickt, um bei Mobbingangriffen oder Selbstmordversuchen eingreifen zu können. Außerdem wird an ein Handyverbot an Schulen gedacht, da oftmals auch das Handy eine große Rolle beim Mobbing spielt. In großen Tageszeitungen werden außerdem Botschaften von Prominenten abgedruckt, die den Opfern Mut machen sollen. Die Zahl der gemeldeten Mobbing-Fälle in Schulen ist zwischen 2006 und 2011 jedenfalls von 101.097 auf 75.295 gesunken. Der Rückgang hat teilweise durchaus mit den Sensibilisierungskampagnen durch die Regierung zu tun. Ob diese Lösungsansätze auf lange Sicht aber wirklich Abhilfe schaffen werden, ist fraglich, und die Dunkelziffer ist sicher noch um ein vielfaches höher.

Kurzer Vergleich Deutschland - Japan

In Deutschland kommt Mobbing ebenfalls immer häufiger vor. Allerdings ist das typische Ausschließen aus der Gruppe, indem sich alle gegen einen wenden, in Japan häufiger. In Deutschland gibt es Studien zufolge in jeder Klasse ein Mobbingopfer, in Japan statistisch gesehen etwas weniger, allerdings sind die Attacken krasser.

Mobbing – wie entscheidest du?

Mobbing ist und bleibt für jedes Opfer eine enorm psychische Belastung, die niemand verdient hat und die schreckliche Folgen haben kann. Jeder trägt selbst einen Teil dazu bei, dem ein Ende zu setzen. Nur wenn Menschen den Mut haben, gegen die Täter aufzustehen und sie zu stoppen, kann Mobbing effektiv bekämpft werden. Und natürlich zählt auch der eigene Gedanke, denn alle unsere Taten entscheiden wir selbst und jeder hat zu jedem Zeitpunkt die Wahl, Mobbing zu beenden.

Lesetipp: Gewalt und deviantes Verhalten an Schulen, dargestellt an Hand von Mobbing und Ijime: Ein Ländervergleich Deutschland - Japan
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